Mittwoch, 9. September 2009

Die Linke bashen

Das ist mode, das ist einfach und es funktioniert. Ich selber erlebe immer wieder, dass Menschen laut stöhnen wenn in einer politischen Diskussion die Linken thematisiert werden. "Deren Forderungen sind unrealistisch", heißt es sooft. Die Medien sind sich sowieso einig, dass die Linken polemische Versprechen verlautbaren, die nicht durchführbar seien und vor allem nicht finanzierbar seien. Gut, ein Lafontaine oder ein Gysi beherrschen die Polemik - doch wo ist bitte der objektive Unterschied zu den vielen anderen streitenden Politikern?

Jüngst schlug auch die Rheinische Post in die Kerbe mit einem Artikel "So viel kosten die Pläne der Linken". Die Nachdenkseiten haben sich die harsche Kritik und die ach so unrealistischen Forderungen der Linken einmal genauer angesehen. Hier eine kurze Zusammenfassung des hervorragenden Artikels:

1. Die Forderung des Mindestlohns in Höhe von 10 Euro vernichtet laut RP Arbeitsplätze. Angebot und Nachfrage regeln jedoch nicht prinzipiell Arbeitsmärkte. Mehrere europäische Volkswirtschaften haben ähnlich hohe Mindestlöhne eingeführt ohne signifikante Verlusten von Arbeitsplätzen erleiden zu müssen (= Gegenbeweis). Meine Meinung: Ob die Reinigungskraft 5 oder 10 Euro bekommt, die Arbeit muss hier vor Ort gemacht werden und kann auch nicht ins Ausland outgesourced werden. Der produzierenden Wirtschaft ist Deutschland mit und ohne Mindestlohn zu teuer, wir können nicht mit Rumänien konkurrieren (siehe Nokia). Deutschland hat hohe Löhne, Billigware (siehe Nokia) kann und wird mittel- bis langfristig ohnehin nicht mehr in Deutschland produziert. Der Mindestlohn ist kaum der entscheidende Faktor, führt jedoch dazu, dass die vielen Niedriglöhner kein Zusatz-H4 mehr benötigen, was dem Staatshaushalt zu Gute kommt.

2. Rente mit 67 abschaffen kostet Milliarden, so die RP. Nun, der Großteil der Arbeitnehmer gehen mit 63 Jahren in Rente. Die Prognosen der Gegner basieren auf Annahmen und Schätzungen des Wirtschaftswachstums der nächsten 20 Jahre, sind also moderne Wahrsagerei. Meine Meinung: Die Rücknahme des erst kürzlich erhöhten Rentenalters wird wohl kaum unfinanzierbar sein bzw. kann quersubventioniert werden (siehe Punkt 4) und richtet dann auch weniger Schaden an als bei den einfachen Arbeitnehmern, die am meisten darunter leiden.

3. Den Hartz 4 Satz auf 500 Euro anheben vermindert den Anreiz arbeiten zu gehen, meint die RP und stützt sich auf eine Studie. Hier gilt wieder die falsche Annahme des Konstrukts Homo Oeconomicus - als sei Geld die einzige Motivation zu arbeiten. Meine Meinung: Eine kleine Minderheit, die schon heute existiert, hat sich damit arrangiert sich vom Solidaritätssystem aushalten zu lassen. Die große Mehrheit der Hartz 4 Empfänger sind m.E. daran interessiert Arbeit aufzunehmen und sich vom Rand der Gesellschaft in die Mitte zu kämpfen. Den fehlenden Arbeitsanreiz sehe ich nicht, denn 500 Euro reichen immer noch nicht um vollwertig an dieser Gesellschaft zu partizipieren, zudem würde der Unterschied zu der arbeitenden Bevölkerung durch die Einführung von Mindestlöhnen wieder hergestellt sein. Die Hartz 4 Sätze und der Umgang mit den Arbeitslosen sind menschenunwürdig, es steht wohl außer Frage das hier Nachbesserung unsere Pflicht ist.

4. Steuererhöhungen führen zum Investitionsboykott. Deutschland erhebt im OECD-Vergleich mit die geringsten Steuern auf Vermögen, Erbmasse und Spitzeneinkommen - teilweise deutlich weniger als die USA, Frankreich oder Großbritannien. Meine Meinung: Hier gibt es Milliarden zu holen, deswegen werden die Millionäre wohl kaum scharenweise den Heimathafen Deutschland verlassen (die wenigen Steueroasen sind auch eher etwas für die wenigen Multimillionäre und Milliardäre, weniger für den 08/15 Reichen oder Gutverdiener).

Mein Fazit: Ich weiß selber nicht ob die Forderungen der Linken realistisch sind. Genausowenig weiß ich ob ich die Linken wählen soll. Einige Forderungen der Partei sind jedoch deckungsgleich mit erfolgreichen Modellen im europäischen Ausland, andere sind einfach notwendig, und wiederum andere unterscheiden sich kaum von denen der sogenannten etablierten Parteien (z.B. fordern die Grünen selber eine Anpassung von H4 auf 450 Euro). Vielleicht sollte man sich doch eingehender mit den Parteien und ihren Wahlversprechen beschäftigen, als immer nur den einfachen Weg zu gehen und den Sprücheklopfern die etwas zu verlieren haben und den eingefärbten Medien Glauben zu schenken.

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